Jedes Individuum durchläuft im Laufe der Jahre eine Entwicklung seines Bewusstseins. Diese Entwicklung der Bewusstseinsstufen spielt in der Individuation und der Heilung eine bedeutende Rolle.
Der Schwerpunkt des therapeutischen Einsatzes von psychoaktiven Substanzen liegt aber in einem vorübergehend veränderten Bewusstseinszustand – im Deutschen verwendet man hierfür das Wort Trance –, aus dem man wieder zurückkommt. Dieser Zustand ermöglicht durch eine Lockerung der Grenzen zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten Einblicke und Perspektiven, die dem Alltagsbewusstsein – und damit herkömmlichen Therapieformen – nicht oder nur sehr schwer zugänglich sind. Dies ermöglicht das Bewusstwerden von Erinnerungen und manchmal eine umfassende Veränderung der Sichtweise auf die eigene Existenz und eigene Verhaltensweisen. Heilung kann dadurch oft in viel kürzeren Zeiträumen geschehen als in anderen Therapien. Man kann also den therapeutischen Einsatz von psychoaktiven Substanzen als Bewusstseinstechnologie verstehen.
Oft wird Bewusstsein als ein mentaler Vorgang verstanden. Die Erfahrungen des Instituts für Substanzunterstützte Therapie haben gezeigt, dass dies für eine Heilung nicht ausreicht, eine vollständige Integration abgespaltener Erinnerungen erforderlich ist. Das bedeutet nicht nur die mentale Einsicht aus der Perspektive des erwachsenen Ichbewusstseins, sondern auch emotionales Bewusstsein und Körperbewusstsein. Emotionen werden nur bewusst, indem sie gefühlt werden, Körperempfindungen werden nur bewusst, wenn sie gespürt werden. Man kann Gefühle oder Körperempfindungen nicht wissen oder denken. Wenn alle drei Ebenen zusammen kommen, entsteht ein gesamthaftes Erleben und damit ein Bewusstsein, das erlaubt, dass Erinnerungen als Ganzes zugelassen, angenommen und integriert werden können. Dann können sie wirklich Vergangenheit werden, weil alle Anteile zu einem Abschluss gebracht worden sind und ihre in der Gegenwart treibende Kraft verloren haben. Wir arbeiten nicht mit der Vergangenheit, sondern mit dem, was sie in der Gegenwart noch für Spuren hinterlässt.
Spirituelle, transzendente oder transpersonale Aspekte menschlicher Erfahrung sind nach diesem Verständnis des therapeutischen Einsatzes von psychoaktiven Substanzen nicht primäres Ziel, sondern zwangsläufige Folge einer zunehmenden Gesundung. Eine tiefe transzendente Erfahrung kann zwar eine tiefe Erschütterung bedeuten, die das ganze Leben verändert. Oft sind es aber die kleinen Schritte, die Stück für Stück mehr Heilung mit sich bringen.